Lauf- & Extremsport

Ja, es gibt sie noch, die letzten großen Abenteurer. Mit Steffen Klitschka und Heiko Fritz hat der SV Germania Judenbach zweifelsohne zwei von ihnen in seinen Reihen. Die beiden Einzelsportler sind weit über die Grenzen unseres Landkreises für aufsehenerregende sportliche Aktivitäten bekannt. Spricht man mit den beiden, so merkt man schnell, worum es bei ihrer sportlichen Betätigung geht und das ist weit mehr als Zeiten und Plätze auf dem Ergebnistableau. Vor allem ist es die Begeisterung und Leidenschaft für ihren Sport, der die zwei Sportler antreibt und nicht zuletzt sei die Leidensfähigkeit genannt, die man als Extremsportler mitbringen muss.

Heiko Fritz

Wahrlich zu würdigen sind die Extremsportaktivitäten, auf die der Judenbacher Heiko Fritz zurückblickt. Eines seiner größten Events war der Quelle-Challenge Triathlon in Roth, bei dem Fritz im Jahr 2005 teilnahm – 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren und 42,195 Kilometer laufen standen auf dem Programm. Mit seinem Zieleinlauf nach 12 Stunden, 48 Minuten und 38 Sekunden gelang Fritz, eine für einen Amateursportler sensationelle Leistung. Unter den 3.700 teilnehmenden Extremsportlern belegte er damit einen beachtlichen 1.391. Platz. Heiko Fritz sagte nach dem Event: „Diese Veranstaltung kann man nicht beschreiben. Wenn man diesen Wahnsinn, diese Stimmung nur einmal erlebt hat – ob als Wettkämpfer oder als Zuschauer – lässt sie dich nicht mehr los.“

Außergewöhnliche Sportaktivitäten reizten Fritz zu jeder Zeit. 1992 begann er noch harmlos mit einer Rennsteigwanderung, aber bereits ein Jahr später unternahm er mit einem Judenbacher Freund spontan eine Radtour von Judenbach nach London. Ohne große Vorbereitung nahm Fritz 1994 am 24-Stunden-Schwimmen in Lichtenfels teil, nur ein Jahr später belegte er beim 24-Stunden-Schwimmen in Coburg den zweiten Platz in der Gesamtwertung. Nachdem er einige Jahre pausiert hatte, stieg der Mittdreißiger 2003 abermals in den Sattel und fuhr von Judenbach nach Venedig. Die Initialzündung zum Triathlon gab es für ihn, nachdem seine Arbeitskollegen einen Schwimmer für die Staffelteilnahme zum Quelle-Challenge Roth 2004 suchten. Für die 3,8 Kilometer benötigte er damals 1 Stunde, 28 Minuten und 57 Sekunden. Im gleichen Jahr nahm er noch am Marathonlauf in München teil.

Im Jahr 2006 standen für den Judenbacher gleich zwei Marathon-Events auf dem Programm. Im Mai lief er den GutsMuths-Rennsteiglauf, bevor er im September am Berlinmarathon (04:07:07) teilnahm.

Momentan hat Fritz sozusagen Babypause, da der junge Vater durch die Betreuung seines Sohnes nur für unregelmäßige Trainingsaktivitäten Zeit hat. Dennoch hat er für die Zukunft einiges vor, auf seinem Plan stehen neben dem Frankenwald Radmarathon (250 Kilometer), der Weltkulturerbelauf in Bamberg, der Obermainmarathon in Staffelstein sowie der Fränkische Schweiz Marathon.

Steffen Klitschka

Wenn es um Sportevents nahe an den Grenzen des Möglichen geht, so kommt man am Namen Steffen Klitschka nicht vorbei. Der sympathische Neuenbauer startet seit 2005 für unseren Verein. Die unzähligen Events und die von ihm erreichten Top-Platzierungen alle aufzuzählen, ist kaum möglich. Und dabei hat Klitschka mit einem schweren Handicap zu kämpfen: Er ist fast gänzlich erblindet! Eine Augenkrankheit, die Klitschka angeboren ist, führte zu einer vollständigen Erblindung seines rechten Auges, auf dem linken ist ihm ein Rest von fünf Prozent Sehstärke geblieben. Für ihn liegt die Welt nur in einem schemenhaften Weiß, man muss es sich vorstellen, wie einen ausgesprochen dichten Nebel. Eines Tages wird die Krankheit zur vollständigen Erblindung führen, doch Klitschka hat gelernt mit der Behinderung zu leben. Mit seinem Sport will er zeigen, dass auch Menschen mit schweren Behinderungen zu außergewöhnlichen Leistungen fähig sind und anderen Betroffenen Mut machen, sich nicht in der Hoffnungslosigkeit zu verlieren. Was der Neuenbauer trotz dieses Handicaps geleistet hat und heute noch leistet, ist fast nicht zu beschreiben. Bereits mit 20 Jahren lief er den Marathon in 2 Stunden und 22 Minuten. Einmal war er DDR-Vizemeister über die 100 Kilometer-Distanz in 6 Stunden und 57 Minuten. Einen Hang zum Extremen hatte er schon immer und wurde ein besessener Läufer – sein Weg führte ihn bis in die Auswahlmannschaft der DDR. So manches Abenteuer hat er schon erfolgreich gemeistert. 2003 bestieg er gemeinsam mit Begleitern die Margeritha-Spitze am Rouvenzori (5080 m) in Afrika und bezwang den 5280 Meter hohen Mount Kenia. Im Jahr 2005 war er mit seinem Partner Kai-Uwe Ziehn bei der Mount Blanc-Besteigung verschollen gegangen. Vier Tage hatten sie nach einem Wintereinbruch in einer Berghütte ausgeharrt, nach dem Auffinden durch die Bergwacht aber darauf bestanden, den Abstieg ohne Hilfe zu beenden. Drei 100 Kilometer-Läufe, vier 24-Stunden-Läufe und 22 Teilnahmen an Marathons hat Klitschka mittlerweile erfolgreich gemeistert. Sein bestes Ergebnis erreichte er mit dem 7. Platz 1988 in Kosice und dem 12. Rang ein Jahr vorher beim Internationalen Marathon in Budapest. Im Jahr 2004 lief er in elf Tagen die 730 Kilometer lange Strecke von Sonneberg nach Kap Arkona. Im darauffolgenden Jahr absolvierte er den Jakobsweg von Frankreich aus, über die Pyrenäen bis ins spanische Santiago de Compostella und alles innerhalb von nur 14 Tagen. 2007 startete Klitschka bei der 1. Europameisterschaft im Extrem-Berglauf, die im oberbayrischen Rottach-Egern ausgetragen wurde. Auf einer Distanz von 3,1 Kilometern hatten die Athleten dort sage und schreibe 830 Höhenmeter zu überwinden. Der Abfahrtshang, den es zu bewältigen galt, hatte eine Steigung von unglaublichen 43 Prozent. Mit einer Zeit von 44 Minuten und 50 Sekunden erreichte Klitschka eine sensationell gute Mittelfeldplatzierung. Damit noch nicht genug, denn im Mai 2007 beteiligte er sich nach 20jähriger Abstinenz erstmals wieder am Rennsteiglauf, wo er die Super-Marathonstrecke über 72 Kilometer bewältigte. In 8 Stunden und 15 Minuten schaffte er die Distanz, dabei filmten ihn Kameras des MDR und verschiedenste Zeitungen schrieben über ihn. Er war die Sensation, auch weit über die Sportteile Thüringens hinaus. Von dem nahezu erblindeten Langstreckenläufer konnte man von den Alpen bis an die Ostseeküste lesen. Doch Klitschkas größter und aufsehenerregendster Ritt sollte erst noch folgen. Am 8. September 2008 stand Klitschka auf dem größten Bauwerk, das Menschenhände je errichtet haben – auf der Chinesischen Mauer – und trat dort zum Marathon an. Der „Run on the Wall“ ist kein gewöhnliches Lauf-Event, 18.377 unterschiedlich hohe und tiefe Stufen stellen sich den Athleten in den Weg, wobei auf der Gesamtstrecke ein Höhenunterschied von 1.600 Metern zu bewältigen ist. Was bereits für gewöhnliche Marathon-Läufer eine schier unmögliche Herausforderung darstellt, ist einer der Lebensträume, die sich Klitschka schon immer erfüllen wollte. Er meisterte auch diesen beinahe unmenschlichen Treppenlauf in einer famosen Zeit von 4 Stunden, 3 Minuten und 18 Sekunden, was Platz 25 von 150 Teilnehmern bedeutete. Beim Zieleinlauf jubelten ihm Menschen verschiedenster Nationalität zu, ein Augenblick den Klitschka sicher nie vergessen wird.